Die Fussball Weltmeisterschaft ist eine tolle Zeit. Es ist nämlich jene Zeit, in der bei schönem Wetter mit guten Freunden gegessen, getrunken und geredet – und natürlich auch ein bisschen Fussball geschaut wird. Kürzlich hatte ich bei einem nicht so interessanten Spiel einen umso spannenderen Austausch mit einem Kollegen, der geschäftlich viel auf Reisen ist. Als interner Auditor ist er die Mehrheit seiner Zeit irgendwo auf der Welt bei einer lokalen Zweigstelle. Ich fragte ihn, was seine Aufgaben seien, wenn er zurück am Hauptsitz in der Schweiz ist. Seine Antwort: «Die Berichte finalisieren. Und an meinen anderen Projekten arbeiten, doch dazu komme ich eigentlich nicht.»
Projekte so nebenbei – das funktioniert nicht
Dieser letzte Satz war der Auslöser für unser spannendes Gespräch. Denn Projekte, die so nebenbei geführt werden – das funktioniert nicht. Insbesondere dann, wenn noch mehrere Personen involviert sind. In solchen Fällen lässt sich schön beobachten, wie sich die Beteiligten unregelmässig treffen, um das Projekt zu besprechen. Doch wirklich vorwärts geht es nicht.
Design Sprints als fokussierter Problemlöseansatz
Meinem Kollegen habe ich dann von den Design Sprints erzählt, die Knapp et al. (2017) in ihrem fantastischen Buch «Sprint – wie man in nur fünf Tagen Ideen testet und Probleme löst» beschreiben. Diese Sprints sind darauf ausgelegt, dass in fünf Tagen ein Design Thinking Zyklus durchgespielt wird, um so am Ende der Woche einen geprüften Prototypen zu haben. Dieser absolute Fokus auf eine Problemlösung ist für mich neben dem designbasierten Ansatz die grosse Stärke von dieser Methodologie. Wer nicht das ganze Buch lesen will, findet u.a. hier eine Zusammenfassung der Idee.
Projekte sind nicht in einer Woche abgeschlossen
Der berechtigte Einwand meines Kollegen war dann, dass Projekte nicht in fünf Tagen abgeschlossen sind und es oftmals utopisch ist, dass sich Wissensarbeiter auf nur ein einziges Thema bzw. Projekt fokussieren können bzw. dürfen. Darauf fanden wir dann zwei Antworten: Einerseits müsste die Wissensarbeit als solche generell hinterfragt und ein absoluter Fokus gefördert werden. Andererseits können wir bereits heute unsere Projektmanagementkompetenz fördern, um unsere Umsetzungswirkung zu vergrössern. Letzteres scheint essentiell in einer Welt, in der komplexe Probleme zunehmend zum Arbeitsalltag werden.
Ein Instrument zur agilen und designbasierten Problemlösung in Projekten
Für diesen zweiten Aspekt haben dann mein Kollege und ich im weiteren Verlauf unseres Gesprächs einen Ansatz skizziert, der auf Scrum (Schwaber und Sutherland 2016) und Design Thinking (Lewrick et al. 2017; Uebernickel et al. 2015) aufbaut. Dabei waren wir so vertieft, dass wir nicht bemerkten, dass Dänemark etwas gar unverdient 1:0 gegen Peru gewonnen hatte. Dafür haben wir etwas gelernt, das ich nun gerne teile.
- Verstehen des «Warum» als Ausgangspunkt
Die komplexe Problemstellung (des Kunden) muss verstanden und regelmässig hinterfragt werden. Diese kontinuierliche Reflexion des Problemverständnis ist insbesondere aus zwei Gründen wichtig: Einerseits ist unser Problemverständnis eine Annahme. Annahmen nie (ganz) richtig, weshalb wir durch die iterative Reflexion unser Verständnis zunehmend schärfen können. Andererseits verändern sich Problemstellungen auch immer wieder, weil neue Erkenntnisse gewonnen werden oder sich die Situation sonst verschiebt.
- Priorisieren aller Aktivitäten, die zur Problemlösung dienen (Product-Backlog)
Ist die Problemstellung definiert, gilt es Ansätze und Aktivitäten in einem «Product Backlog» zu sammeln, die zur Lösung des Problems beitragen. Also beispielsweise Datenanalyse, Erforschung von Good Practices oder Kundenbefragungen. Diese Aktivitäten werden dann gemeinsam vom Product Owner mit den Stakeholdern auf Basis der definierten Problemstellung priorisiert.
- Festlegung und Durchführung der Sprintaktivitäten (Sprint-Backlog und Sprint-Planung)
Auf Basis des priorisierten «Product Backlog» wird dann im Projektteam festgelegt, welche Aktivitäten innerhalb eines «Sprints» erledigt werden können. Dabei wird für einen befristeten Zeitraum (rund 1-4 Wochen) definiert, welche Ressourcen zur Verfügung stehen und welche Aktivitäten aus dem «Product Backlog» in dieser Zeit erledigt werden können. Je komplexer das Problem ist, desto kürzer sollte der Zeitraum gewählt werden. Diese Aktivitäten werden dann nach festgelegten Ressourcen durchgeführt. Damit ist es also für Wissensarbeiter weiterhin möglich, mehrere Projekte parallel zu bearbeiten – auch wenn dies für den Fokus nicht wirklich förderlich ist. Immerhin besteht aber eine Verbindlichkeit, innerhalb eines begrenzten Zeitraums die festgelegten Kapazitäten auch für das Projekt zu investieren. So hat jeder Projektmitarbeitende volle Transparenz, wie viel Zeit er in welche Tätigkeiten investieren kann und muss.
- Kontinuierliche Reflexion der Sprintaktivitäten (designbasierter, reflexiver Sprint)
Während des Sprint kann nun auch dort, wo es sinnvoll ist, auf Design Thinking bzw. die Design Sprints nach Knapp et al. (2017) zurückgegriffen werden. Zudem finden täglich sogenannte «Stand-up» statt, in welchen das Projektteam Erreichtes vom Vortag reflektiert und auf den kommenden Projekttag hinausblickt. Sind die Sprintzyklen länger und die eingesetzten Kapazität geringer, sollte vom täglichen Rhythmus abgewichen werden. Ziel des Stand-up ist es, Feinjustierungen vorzunehmen, um die Sprintziele zu erreichen und aus den Erfahrungen zu lernen. Am Ende eines Sprints erfolgt anschliessend eine ausgiebigere Reflexion, bei der das Sprintergebnis reflektiert (Review) sowie die Zusammenarbeit diskutiert (Retrospektive) wird.
- Planung des neuen Sprints und allfällige Anpassungen am Backlog (iteratives Projektvorgehen)
Nachdem der Sprint entsprechend reflektiert wurde, liegen nicht nur Ergebnisse vor, welche idealerweise zur Problemlösung beitragen. Vielmehr konnten auch neue Erkenntnisse gesammelt werden, die zur Schärfung der Problemstellung beitragen. Aus diesem Grund wird nach der Reflexion des Sprints das Product Backlog hinterfragt, ob es immer noch die richtigen Aktivitäten nach der angemessen Priorität ordnet, um die Problemstellung zu lösen. Sobald das Product Backlog wieder die adäquaten Aktivitäten mit der entsprechenden Priorisierung umfasst, beginnt der Zyklus von vorne.
Literaturverzeichnis
Knapp, J., Zeratsky, J. & Kowitz, B. (2017). Sprint. Wie man in nur fünf Tagen Ideen testet und Probleme löst (2. Auflage). München: REDLINE Verlag.
Lewrick, M., Link, P. & Leifer, L. (2017). Das Design Thinking Playbook. München: Franz Vahlen.
Schwaber, K. & Sutherland, J. (2016). The Definitive Guide to Scrum. The Rules of the Game. http://www.scrumguide.org. Zugegriffen 17.03.2017.
Uebernickel, F., Brenner, W., Naef, T., Pukall, B. & Schindlholzer, B. (2015). Design Thinking. Das Handbuch. Frankfurt am Main: Frankfurter Allgemeine Buch.
Ein Kommentar zu „Zukunftskompetenz Projektmanagement: Wie wir zu erfolgreicheren UmsetzerInnen werden“