Ermöglichung einer Innovationskultur

Innovationskraft gilt als Voraussetzung für den unternehmerischen Erfolg. Es gibt deshalb kaum ein Unternehmen, das nicht innovativ sein will. In der Praxis gibt es aber wenig Organisationen, die von sich behaupten können, eine kollektive Innovationskultur zu pflegen. Dabei wäre eine solche Kultur die Basis für eine nachhaltige Innovationskraft, die nicht von einzelnen Visionären oder Glückstreffern abhängig ist. Um eine solche Kultur zu erschaffen, kann das Konzept der Corporate University als Nährboden dienen. Als Institution zur Innovationsentwicklung kann sie Unternehmen jeglicher Branchen aufzeigen, wie die Innovationsfindung neu organisiert werden kann, um so dem Ziel, eine innovative Organisation zu sein, ein Stück näher zu kommen.

Wie Innovationen im Keime ersticken

Um zu verstehen, wie die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens gesteigert werden kann, hilft es, wenn verstanden wird, was diese Fähigkeit im Keime erstickt. Dabei sind einengende Normen das tödlichste Gift für Innovationen. Denn Normen befreien uns vom Zwang, unsere Handlungen und (selbst) konstruierten Wahrheiten kritisch zu hinter-fragen. Solche Normen treten in der Wirtschaft an verschiedensten Stellen auf. Mal sind es unendlich lange Genehmigungsprozesse, mal steile Hierarchien mit fest zugeteilten, fliess-bandähnlichen Teilarbeitsschritten und ein andermal eine auf Effizienz getrimmte Arbeitskultur, bei der in keinem Arbeitsschritt vom Pflichtenheft abgewichen, geschweige denn ein Fehler gemacht werden darf. Für eine Organisation, die mit solch einer Kultur kontaminiert ist, scheint es beinahe unmöglich, organisch innovativ zu sein. Zu stark haben die einengenden Normen die Kultur der Organisation vergiftet und diese dadurch paralysiert. Die Mitarbeitenden, Quelle und Antriebskraft von Innovationen, benötigen eine inspirierende und motivierende Atmosphäre. Erst wenn diese kulturelle Voraussetzung erfüllt ist, können weitere Innovationsdestruktoren wie mangelnde Führungskompetenz, fehlende Ressourcen oder zwanghafte Veränderungsresistenz aufgespürt und behoben werden.

Die Pflege einer blühenden grünen Wiese

Im Zusammenhang mit Innovationen scheint es aus oben ausgeführter Argumentation zielführender, wenn man den Aufbau und die Pflege einer blühenden grünen Wiese fördert, anstatt mit  Hochdruck und giftigem Dünger exotische, ungeniessbare Gewächse zu züchten; selbst wenn dafür die grüne Wiese vereinzelt etwas Unkraut aufweist. Auf die Wirtschaft bezogen bedeutet dies, dass unabhängig des unternehmensspezifischen Kontextes eine Vielzahl von Ideen gefördert werden sollen, die von keinerlei Restriktionen eingeengt werden. Die Mitarbeitenden sollen ermutigt werden, die herrschenden Paradigmen und Rahmenbedingungen zu hinterfragen, um so auf viele neue Ideen zu kommen. Diese mögen vereinzelt unsinnig und utopisch erscheinen, doch wie bereits Victor Hugo sagte: „Eine Utopie ist die Wahrheit von morgen.“

Corporate University: Konzept zur Förderung einer kollektiven Innovationskultur

Die Erkennung der aufgezeigten Grundproblematik bei der Innovationsfindung ist das eine, der erfolgreiche Umgang damit das andere und deutlich schwierigere. Ein Lösungsansatz ist hierbei die Schaffung einer Corporate University (CU), welche die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens steigert, in dem so die gewünschte grüne Wiese geboten werden kann, ohne dass das operative Tagesgeschäft darunter leiden muss. Konkret soll eine neue Abteilung oder – aus steuerlichen und diversen anderen Über-legungen – eine neue Schwestergesellschaft gegründet werden, die direkt der obersten Führungsriege unterstellt ist. Diese direkte Angliederung an die oberste Hierarchiestufe scheint elementar, weil so bereits strukturell die strategische Wichtigkeit der CU symbolisiert wird, wodurch sich deren Akzeptanz im Unternehmen erhöht. In dieser CU werden dann unter Zusammenarbeit von Mitarbeitenden aus verschiedensten Fach- und Führungslinien des Unternehmens zukunfts-trächtige Innovationen entwickelt. Dabei werden für eine befristete Zeit verdiente Arbeitnehmer von ihrer Routinearbeit ent-bunden, um sich unbelastet der Kreativität und Innovationsentwicklung herzugeben. Nahe-liegend ist dabei auch eine Kombination mit der Weiterentwicklung der persönlichen Fähigkeiten der Teilnehmenden. So können die Mitarbeitenden in der CU erworbenen Kompetenzen im Innovationsprozess ein-bringen und profitieren gleichzeitig von einer Weiterbildung, die im heutigen, sich schnell wandelnden Umfeld ohnehin unerlässlich ist.

Mehrere Vorteile auf einen Streich

Ein Vorteil dieser zentralisierten Innovations-entwicklung im Rahmen einer CU ist die temporäre Entbindung operativ erfahrener Arbeitskräfte vom Alltagsstress, der sie gewöhnlich daran hindert, neue Dinge auszuprobieren, Fehler zu machen, ungewohnte Wege zu gehen oder der Effizienzkultur – wenn auch nur kurz – abzuschwören. Zudem kann dadurch auf einfache Weise die Kooperation und Einbindung von verschiedensten Abteilungen organisiert und koordiniert werden, wodurch nicht nur eine Vielzahl unterschiedlichster Kompetenzen zur Innovationsentwicklung zur Verfügung stehen, sondern auch die Akzeptanz bei der Einführung der Innovation durch die Beteiligung verschiedenster Abteilungen breiter abgestützt ist. Und nicht zuletzt steigert eine CU die Sensibilisierung für Innovations-prozesse, womit sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Absolvierenden der CU in ihrer weiteren operativen Karriere Innovations-potenziale am Arbeitsplatz wahrnehmen und erschliessen.

Grundpfeiler einer Corporate University

Es ist evident, dass keine generische Anleitung zur Errichtung einer CU skizziert werden kann, die den spezifischen Bedürfnissen eines jeden Unternehmens gerecht wird. Es wäre auch vermessen, ein allgemeingültiges Detail-konzept zu propagieren. Nichtsdestotrotz scheint es viabel, abschliessend vier Grundpfeiler zu nennen, welche für die Stabilität einer CU mitverantwortlich sind: (1) das Umfeld als Wohlfühloase, (2) die Arbeit-nehmer als Kooperatoren, (3) die Ressourcen als Fels in der Brandung und (4) das Unternehmen als grosses Ganzes.

Umfeld als Wohlfühloase

Wie einleitend ausgeführt braucht der Mensch für die Entfaltung seiner Kreativität ein inspirierendes und motivierendes Umfeld. Frei von Stress, Druck, Angst oder zwanghaften Normen. Die CU kann und muss deshalb einerseits durch ihre Autonomie dem Mitarbeitenden die Belastung des Alltags-geschäfts nehmen und so ein Hort der Kreativitätsentfaltung sein; anderseits darf das Absolvieren der CU keine Existenzängste auslösen. Dies bedeutet, dass Absolvierenden auf ihrem weiteren Karriereweg aktiv gefördert werden müssen, wobei diese gezielte Förderung im Unternehmen bekannt und akzeptiert sein sollte. In anderen Worten, die Teilnahme an der CU darf keine Sackgasse sein und auch nicht so wahrgenommen werden, weil sie sonst nicht als Wohlfühloase fungieren kann. Vielmehr muss die Teilnahme an der CU als Meilenstein in der Karriere gelten, der Prestige ausstrahlt und als Belohnung für verdienstvolle Arbeit empfunden wird.

Arbeitnehmer als Kooperatoren

Empirische Studien belegen, dass Innovationen am ehesten in interdisziplinären, heterogenen Teams entstehen. Dies umso mehr, je höher der Grad der Innovation ist. Es scheint deshalb evident, dass eine bestmögliche Kooperation aller Teammitglieder ein elementares Ziel ist. Grundlage für die Erreichung dieses Ziels ist ein Innovationsmanager mit hoher Sozial- und Teamkompetenz sowie die basale Bereitschaft zur Kooperation. Diese Anforderung kann die CU nicht nur erfüllen, sondern sie kann auch durch Weiterbildung deren Erfüllung in der Organisation skalieren.

Ressourcen als Fels in der Brandung

Die Ressourcen (Zeit, Finanzen, Kompetenzen etc.) sind aus Sicht der dafür Verantwortlichen immer zu knapp. Dies gilt umso mehr für die Innovationsentwicklung, bei der wie oben erwähnt Zeit und Raum im Alltagsgeschäft meistens fehlen und die finanziellen Mittel oft nur dann fliessen, wenn das Unternehmen prosperiert. Durch eine CU kann jedoch nicht nur explizit Zeit und Raum für die Innovationsentwicklung geschaffen werden. Vielmehr kann beispielsweise durch die Patentierung der an der CU entwickelten Innovationen sowie einer anschliessenden Lizenzvergabe (an Dritte oder innerhalb des Konzerns) eine transparente, autonome und stabile Finanzierung aufgebaut werden. Durch diesen Einbezug des Aspekts des Return on Investment (RoI) wird zudem die Legitimation der CU innerhalb der Organisation gestärkt. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass die CU nebst der Funktion als Innovationsmotor meist noch weitere Aufgaben innerhalb der Organisation übernimmt, die nicht derart einfach quantifiziert werden können (bspw. Weiterbildungen, Mitarbeiterumfragen oder Überprüfung und Einführung von Compliance-Richtlinien).

Unternehmen als grosses Ganzes

Die Legitimation und die Akzeptanz einer CU im Gesamtunternehmen ist die Basis für das Funktionieren ihres Konzepts. Eine mangelhafte und halbherzige Umsetzung gefährdet die optimale Ausgestaltung, das Commitment der Belegschaft und die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen. Zudem müssen Innovationen, um ihren Nutzen zu entfalten, nach ihrer Entdeckung und Entwicklung auch umgesetzt werden. Hierfür ist es zwingend notwendig, dass der Transfer von der Entwicklung der Innovation in der CU bis zum Einsatz deren in den operativen Einheiten prioritär behandelt wird. Damit dies möglich ist, muss die Organisation als Ganzes in den Innovationsprozess adäquat einbezogen werden. Dabei reicht es nicht, wenn lediglich die einzelnen Abteilungen spezifisch berücksichtigt werden. Vielmehr muss die Organisation aus einer systemischen Perspektive betrachtet und geführt werden.

Fazit

Es zeigt sich also, dass eine Corporate University (CU) für die Innovationskultur und damit für den Innovationsprozess als eine vielversprechende grüne Wiese fungieren kann. Um diese Rolle auch zielführend  wahrnehmen zu können, sollten bei der Errichtung einer CU als Innovationstreiber insbesondere vier Aspekte berücksichtigt werden:

1. Das Umfeld als Wohlfühloase, weil den Mitarbeitenden sonst die emotionale Kapazität für den Innovationsprozess fehlt;
2. Die Arbeitnehmer als Kooperatoren, weil ansonsten die notwendige Interdisziplinarität nicht adäquat genutzt werden kann;
3. Ressourcen als Feld in der Brandung, weil Innovationen eine stabile Ressourcenunterstützung in aller Form (Finanzen, Zeit, Kompetenzen etc.) benötigen;
4. Das Unternehmen als grosses Ganzes, weil nur die Gesamtorganisation aus einer guten Idee eine erfolgreiche Innovation machen kann.

 

 

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